Samstag, 10. März 2012

Number One Grape Pickers


 Hier kommt endlich nochmal ein Lebenszeichen von uns. Da der letzte Blogeintrag schon so lang zurück liegt, hier jetzt ein ganz ausführlicher (und wir haben uns schon kurz gefasst ;-)):

Da wir auf die Stelle leider keinen beliebten Packing-Job gefunden haben, probierten wir unser Glück einmal trotz aller Warnungen mit Tomaten pflücken. Das ganze hielten wir genau eine voll gepflückte Kiste aus (50 Dollar zusammen (!), 3 Stunden), denn die Rückenschmerzen und die aggressiven, niemals von uns weichenden 100 Fliegen in unserem Gesicht machten es echt unerträglich. Am Anfang lachten wir noch wie die Asiaten mal wieder voll ausgestattet mit Gummihandschuhen und Netzmaske auf dem Feld standen, nach spätestens 10 Minuten waren wir jedoch Blass vor Neid. Auch der Farmer erkannte schnell, dass wir O-Ton „hopeless“ seien. Zugegeben, unser Kater und viel zu wenig Schlaf waren vielleicht auch nicht unbedingt erfolgsbeitragend. Zu unserer Verteidigung: Am Abend davor wurde gebührend der 26. Geburtstag einer unserer Campingplatzfreunde gefeiert, sonst hätten wir natürlich niemals an unserem ersten Tag im neuen Job verkatert im Feld gestanden.


Damit hatten wir dann auch genug vom Tomaten pflücken und es ging fürs erste mal wieder Birnen pflücken auf einer neuen Farm. Diesmal sogar mit eigenem Traktor um die vollen Birnenkisten vom Feld zur Farm zu transportieren, was ein echtes Highlight war. Erst traute uns kein Mann auf der Farm zu, allein einen Traktor fahren zu können, wir konnten jedoch schnell alle vom Gegenteil überzeugen! J Grund fürs Misstrauen könnte sein, dass wir eigentlich immer das einzige Mädchen-Duo ohne männliche Unterstützung auf dem Feld sind. Es kam uns wirklich schon sehr sehr oft der Gedanke im Feld „Was tun wir hier eigentlich? Wir gehören hier gar nicht hin!“.



Trotz vollerer Birnenbäume konnten wir immer noch nicht genug Kisten am Tag füllen um annähernd einen angemessenen Stundenlohn zu bekommen. Deshalb hieß es nach der Arbeit auch weiterhin: Jobsuche. Nach mehreren Tagen bekamen wir endlich einen Job angeboten, der per Stunde bezahlt wurde: 13 Dollar pro Stunde für Trauben pflücken und hübsch packen – immer noch unter dem Mindestlohn, aber im Vergleich zum Birnenpflücken ein wahrer Glücksgriff für uns. Eine Zukunft ohne Rückenschmerzen, verkratzte und vernarbte Hände, Arme und Beine und der täglichen Lebensgefahr von der Leiter zu fallen, stand uns nun bevor.

Um halb 8 heißt es für uns nun jeden Tag mit unseren Scheren ab ins Feld um die Weintrauben von ihren Stauden sorgfältig zu trennen. Hier kommt es nicht wie bei den Birnen primär auf Quantität, sondern vor allem auf Qualität an! Die Trauben müssen nach Farbe und Größe ausgewählt, von unschönen Trauben befreit und hübsch in einem kleinen Korb arrangiert werden. Ein richtiger Mädchenjob halt! J



Wir dürfen nun sogar morgens für eine Stunde ins Lager um dort die Körbe Versandfertig zu machen, was ein absolut einfacher Job ist, dazu müssen wir jedoch immer um 6.30 Uhr anfangen.


Nur die pralle Sonne kann einem manchmal zu schaffen machen! I-Tüpfelchen der Arbeit ist unser absoluter Sonderstatus beim Boss (Santo). Wir werden täglich mit „ahhh, my number one pickers“ begrüßt, verabschiedet und vorgestellt, zu mehreren Feierabendbieren eingeladen und auch sonst aufs äußerste bevorzugt. Wirklich die Sprache weg blieb uns nun diese Woche, als Santo uns doch tatsächlich freudig verkündigte, dass er uns Samstagabend zum Essen einlädt und sogar schon einen Tisch reserviert hat. Läuft auf der Farm mal irgendwas nicht wie es sollte, wird es immer auf unsere armen Kollegen geschoben, Arbeiter aus Entwicklungsländern. Da tut es uns oft schon richtig Leid, wenn wir Santo mal wieder zu ihnen sagen hören „you don‘t have to go to university to pick grapes!“. Da wunderts natürlich auch keinen, dass wir auch noch zwei Freunde vom Campingplatz mitbringen durften. Diese (Roman und Thomas, stolze Franzosen) waren jedoch eher mäßig begeistert, als wir zu ihren Trainern ernannt wurden. Pünktlich um 12 Uhr wird immer eine halbe Stunde Mittagspause eingelegt, in der an einem schattigen Plätzchen kaltes Knoblauchbrot mit Baked Beans gegessen wird.


Es ist schon zur Tradition geworden, jeden Morgen zwanzig Minuten früher zu kommen, um auf der Farm noch gemütlich vor der Arbeit einen Kaffee zu trinken und zu frühstücken.



Da nehmen die Jungs auch gerne mal (mittlerweile eher tagtäglich) das Angebot an, ein oder zwei selbstgemachte Grappa „zum wach werden“ zu trinken. 
Unser Sonderstatus kam uns zu Beginn absolut unangemessen und lächerlich vor und wir warteten mit Angst auf den Tag, an dem Santo entdecken würde, dass wir gar nicht so schnell picken, wie er denkt. Was wir jedoch wirklich gemerkt haben ist, dass wir zwar nicht immer die aller allerschnellsten, jedoch die Gewissenhaftesten sind. Da wir Santo wirklich ins Herz geschlossen haben, tut es uns richtig Leid, wenn andere Mitarbeiter nach jeder Stunde rauchen, telefonieren oder einfach mal ne Viertelstunde in der Gegend rumstarren, da sie ja per Stunde bezahlt werden. Manchmal treibt Santo uns jedoch auch einfach in den Wahnsinn. Man kann sich auf keines seiner Worte verlassen, da er ständig absolut verwirrt ist. Wenn zum Beispiel abgemacht ist, um 6 Uhr anzufangen, ist es nicht unüblich, dass von Santo zum diesen Zeitpunkt noch nichts zu sehen ist. Seit drei Wochen verspricht er uns einen Toaster (den wir aber auch JEDES MAL ablehnen), den wir mit Sicherheit nieeemals erhalten werden und wir kriegen jede seiner Stories 27 mal zu hören (z.B. das die Mäuse letztes Jahr den Toaster zerstört haben). All das macht ihn jedoch irgendwie noch sympathischer und menschlicher, er ist wirklich kein Vergleich zu allen anderen Farmern. Übt er Kritik an den anderen Mitarbeitern, klopft er ihnen danach jedes Mal noch nett auf die Schulter und sagt „But i really like you as a person!  I really like you!!!“.

Gestern Abend stieg dann das große Abendessen mit allen langjährigen Mitarbeitern. Für die Franzosen unglaublich früh, trafen wir uns um 6.30 Uhr in der Pizzabude, die ursprünglich auch mal Santo gehört. Dort gabs Familienpizzen en masse und für die Männer am Tisch genau so viel Grappa. Dank der italienischen Kultur wurden wir leider nicht gefragt. Wenigstens ein Bierchen war aber drin. Nach 1 ½ selbstgebranntem, 70%igen Grappa und mehreren Flaschen Wein waren alle außer uns sturzbetrunken und Santo musste sich in der Nacht sogar noch übergeben, wie er uns am Morgen beichtete.



Auf dem Campingplatz sind wir wie eine kleine Familie. Manchmal ist gemeinsamer Kinotag…


…oder wir machen zusammen Hot Dogs, Burger oder anderweitiges Fast Food.
Da wir alle arme Feldarbeiter sind, wurde sogar auch schon eigenes Bier gebraut. Für 20 Dollar 24 Liter feinstes Campingplatzgesöff.


Gut die Hälfte haben wir dann auch gleich Rosenmontag ab 9 Uhr Morgens gekillt aus Frust darüber, dass wir Dank Regen nach einer Stunde schon wieder nach Hause geschickt wurden. So waren wir wenigstens vom Alkoholpegel her an Rosenmontag ganz nah bei euch.

Besonderes Highlight waren die Geburtstage von Thomas, Eugen und Pedro, die alle ausgiebig auf dem Campingplatz gefeiert wurden. Zum Glück ist unsere Gruppe (vor allem die Jungs, die alten Charmeure) das absolute Lieblingsteam der Campingplatzbesitzerin, ansonsten wären wir wohl auf Grund von exzessivem Feiern wohl schon mehrere Male vom Campingplatz geflogen. Des Öfteren hat der Nachtwächter sie schon Nachts aus dem Bett geklingelt um ihr Beschwerden über uns mitzuteilen. Doch Debby bleibt cool! J


Richtig heimisch in Shepparton wird’s durch unser „Haustier“ Debby (nach der Campingplatzbesitzerin benannt ;-)), eine kleine Babykatze, die uns auf dem Campingplatz zugelaufen ist. Von allen ins Herz geschlossen, schläft sie sich von Zelt zu Zelt und bekommt immer reichlich Thunfisch und Streicheleinheiten.


Mittlerweile sind wir nun schon ganze 5 Wochen in Shepparton. Letzte Woche konnten wir jedoch auf Grund des „Jahrhundertregens“ in Australien gar nicht arbeiten. Die Tage haben sich nur so dahingezogen, denn alles war nass, matschig und kalt und unser Campingplatz ist nicht unbedingt auf verregnete Tage ausgelegt. Unser Geschirr mussten wir immer wieder aus dem Matsch fischen und auch sonst lebten wir wirklich in einem absoluten Dreckshaufen und es war ein echter Glücksgriff, wenn man einen trockenen Stuhl zum sitzen gefunden hat. 



Auch die Stimmung war dementsprechend. Einziges Highlight war, wenn man mal zusammengequetscht im trockenen Auto einen Film gucken konnte. Absolut happy waren wir da, als uns Conni und Iris einen Abend zu ihnen in die Cabin einluden.


Nach einer Woche Regen konnten wir nun diese Woche endlich wieder anfangen zu arbeiten und arbeiten nun jeden Tag 9-10 Stunden. Wir halten diese Zeit nur aus, da wir es doch tatsächlich schaffen die gesamte (!!!) Arbeitszeit durchzuquatschen. Leider hat der Regen und Santos Versäumnis die Trauben früher zu pflücken dazu geführt, dass nun der Großteil der Trauben verschimmelt ist. 

Man merkt jedoch, dass es so langsam für alle Zeit wird, Shepparton zu verlassen. Viele sind auch schon abgereist und für uns fängt nächste Woche Donnerstag endlich wieder die  Reisezeit an. Montag steht die große Abschiedsparty bevor, bei denen wir uns von unseren mitleidenden Traubenpflückern Thomas und Roman (und mittlerweile auch Gaeton) und unserem besonders lieb gewonnenen deutschen Pärchen Conni und Iris verabschieden werden, die Dienstag zusammen weiterreisen werden.

Unser nächstes Ziel wird Melbourne sein, gefolgt vom Great Ocean Road, Adelaide, Kangooro Island, Alice Springs und dann hoch die Ostküste bis nach Brisbane. Wir hoffen noch ein paar warme Tage zu haben, da hier nun der Herbst anfängt (wir waren auch etwas über diese Info überrascht ;-)). 

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