Da wir auf die Stelle leider keinen beliebten Packing-Job
gefunden haben, probierten wir unser Glück einmal trotz aller Warnungen mit
Tomaten pflücken. Das ganze hielten wir genau eine voll gepflückte Kiste aus
(50 Dollar zusammen (!), 3 Stunden), denn die Rückenschmerzen und die
aggressiven, niemals von uns weichenden 100 Fliegen in unserem Gesicht machten
es echt unerträglich. Am Anfang lachten wir noch wie die Asiaten mal wieder
voll ausgestattet mit Gummihandschuhen und Netzmaske auf dem Feld standen, nach
spätestens 10 Minuten waren wir jedoch Blass vor Neid. Auch der Farmer erkannte
schnell, dass wir O-Ton „hopeless“ seien. Zugegeben, unser Kater und viel zu
wenig Schlaf waren vielleicht auch nicht unbedingt erfolgsbeitragend. Zu
unserer Verteidigung: Am Abend davor wurde gebührend der 26. Geburtstag einer
unserer Campingplatzfreunde gefeiert, sonst hätten wir natürlich niemals an
unserem ersten Tag im neuen Job verkatert im Feld gestanden.
Damit hatten wir dann auch genug vom Tomaten pflücken und es
ging fürs erste mal wieder Birnen pflücken auf einer neuen Farm. Diesmal sogar
mit eigenem Traktor um die vollen Birnenkisten vom Feld zur Farm zu
transportieren, was ein echtes Highlight war. Erst traute uns kein Mann auf der
Farm zu, allein einen Traktor fahren zu können, wir konnten jedoch schnell alle
vom Gegenteil überzeugen! J
Grund fürs Misstrauen könnte sein, dass wir eigentlich immer das einzige
Mädchen-Duo ohne männliche Unterstützung auf dem Feld sind. Es kam uns wirklich
schon sehr sehr oft der Gedanke im Feld „Was tun wir hier eigentlich? Wir
gehören hier gar nicht hin!“.
Trotz vollerer Birnenbäume konnten wir immer noch nicht
genug Kisten am Tag füllen um annähernd einen angemessenen Stundenlohn zu
bekommen. Deshalb hieß es nach der Arbeit auch weiterhin: Jobsuche. Nach
mehreren Tagen bekamen wir endlich einen Job angeboten, der per Stunde bezahlt
wurde: 13 Dollar pro Stunde für Trauben pflücken und hübsch packen – immer noch
unter dem Mindestlohn, aber im Vergleich zum Birnenpflücken ein wahrer
Glücksgriff für uns. Eine Zukunft ohne Rückenschmerzen, verkratzte und
vernarbte Hände, Arme und Beine und der täglichen Lebensgefahr von der Leiter
zu fallen, stand uns nun bevor.
Um halb 8 heißt es für uns nun jeden Tag mit unseren Scheren
ab ins Feld um die Weintrauben von ihren Stauden sorgfältig zu trennen. Hier
kommt es nicht wie bei den Birnen primär auf Quantität, sondern vor allem auf
Qualität an! Die Trauben müssen nach Farbe und Größe ausgewählt, von unschönen
Trauben befreit und hübsch in einem kleinen Korb arrangiert werden. Ein
richtiger Mädchenjob halt! J
Wir dürfen nun sogar morgens für eine Stunde ins Lager um
dort die Körbe Versandfertig zu machen, was ein absolut einfacher Job ist, dazu
müssen wir jedoch immer um 6.30 Uhr anfangen.
Nur die pralle Sonne kann einem manchmal zu schaffen machen!
I-Tüpfelchen der Arbeit ist unser absoluter Sonderstatus beim Boss (Santo). Wir
werden täglich mit „ahhh, my number one pickers“ begrüßt, verabschiedet und
vorgestellt, zu mehreren Feierabendbieren eingeladen und auch sonst aufs
äußerste bevorzugt. Wirklich die Sprache weg blieb uns nun diese Woche, als
Santo uns doch tatsächlich freudig verkündigte, dass er uns Samstagabend zum
Essen einlädt und sogar schon einen Tisch reserviert hat. Läuft auf der Farm
mal irgendwas nicht wie es sollte, wird es immer auf unsere armen Kollegen
geschoben, Arbeiter aus Entwicklungsländern. Da tut es uns oft schon richtig
Leid, wenn wir Santo mal wieder zu ihnen sagen hören „you don‘t have to go to
university to pick grapes!“. Da wunderts natürlich auch keinen, dass wir auch
noch zwei Freunde vom Campingplatz mitbringen durften. Diese (Roman und Thomas,
stolze Franzosen) waren jedoch eher mäßig begeistert, als wir zu ihren Trainern
ernannt wurden. Pünktlich um 12 Uhr wird immer eine halbe Stunde Mittagspause
eingelegt, in der an einem schattigen Plätzchen kaltes Knoblauchbrot mit Baked
Beans gegessen wird.
Es ist schon zur Tradition geworden, jeden Morgen zwanzig
Minuten früher zu kommen, um auf der Farm noch gemütlich vor der Arbeit einen
Kaffee zu trinken und zu frühstücken.
Da nehmen die Jungs
auch gerne mal (mittlerweile eher tagtäglich) das Angebot an, ein oder zwei
selbstgemachte Grappa „zum wach werden“ zu trinken.
Unser Sonderstatus kam uns
zu Beginn absolut unangemessen und lächerlich vor und wir warteten mit Angst
auf den Tag, an dem Santo entdecken würde, dass wir gar nicht so schnell
picken, wie er denkt. Was wir jedoch wirklich gemerkt haben ist, dass wir zwar
nicht immer die aller allerschnellsten, jedoch die Gewissenhaftesten sind. Da
wir Santo wirklich ins Herz geschlossen haben, tut es uns richtig Leid, wenn
andere Mitarbeiter nach jeder Stunde rauchen, telefonieren oder einfach mal ne
Viertelstunde in der Gegend rumstarren, da sie ja per Stunde bezahlt werden.
Manchmal treibt Santo uns jedoch auch einfach in den Wahnsinn. Man kann sich
auf keines seiner Worte verlassen, da er ständig absolut verwirrt ist. Wenn zum
Beispiel abgemacht ist, um 6 Uhr anzufangen, ist es nicht unüblich, dass von
Santo zum diesen Zeitpunkt noch nichts zu sehen ist. Seit drei Wochen
verspricht er uns einen Toaster (den wir aber auch JEDES MAL ablehnen), den wir
mit Sicherheit nieeemals erhalten werden und wir kriegen jede seiner Stories 27
mal zu hören (z.B. das die Mäuse letztes Jahr den Toaster zerstört haben). All
das macht ihn jedoch irgendwie noch sympathischer und menschlicher, er ist
wirklich kein Vergleich zu allen anderen Farmern. Übt er Kritik an den anderen
Mitarbeitern, klopft er ihnen danach jedes Mal noch nett auf die Schulter und
sagt „But i really like you as a person!
I really like you!!!“.
Gestern Abend stieg dann das große Abendessen mit allen
langjährigen Mitarbeitern. Für die Franzosen unglaublich früh, trafen wir uns
um 6.30 Uhr in der Pizzabude, die ursprünglich auch mal Santo gehört. Dort gabs
Familienpizzen en masse und für die Männer am Tisch genau so viel Grappa. Dank
der italienischen Kultur wurden wir leider nicht gefragt. Wenigstens ein
Bierchen war aber drin. Nach 1 ½ selbstgebranntem, 70%igen Grappa und mehreren
Flaschen Wein waren alle außer uns sturzbetrunken und Santo musste sich in der
Nacht sogar noch übergeben, wie er uns am Morgen beichtete.
Auf dem Campingplatz sind wir wie eine kleine Familie.
Manchmal ist gemeinsamer Kinotag…
…oder wir machen zusammen Hot Dogs, Burger oder
anderweitiges Fast Food.
Da wir alle arme Feldarbeiter sind, wurde sogar auch schon
eigenes Bier gebraut. Für 20 Dollar 24 Liter feinstes Campingplatzgesöff.
Gut die Hälfte haben wir dann auch gleich Rosenmontag ab 9
Uhr Morgens gekillt aus Frust darüber, dass wir Dank Regen nach einer Stunde
schon wieder nach Hause geschickt wurden. So waren wir wenigstens vom
Alkoholpegel her an Rosenmontag ganz nah bei euch.
Besonderes Highlight waren die Geburtstage von Thomas, Eugen
und Pedro, die alle ausgiebig auf dem Campingplatz gefeiert wurden. Zum Glück
ist unsere Gruppe (vor allem die Jungs, die alten Charmeure) das absolute
Lieblingsteam der Campingplatzbesitzerin, ansonsten wären wir wohl auf Grund
von exzessivem Feiern wohl schon mehrere Male vom Campingplatz geflogen. Des
Öfteren hat der Nachtwächter sie schon Nachts aus dem Bett geklingelt um ihr
Beschwerden über uns mitzuteilen. Doch Debby bleibt cool! J
Richtig heimisch in Shepparton wird’s durch unser „Haustier“
Debby (nach der Campingplatzbesitzerin benannt ;-)), eine kleine Babykatze, die
uns auf dem Campingplatz zugelaufen ist. Von allen ins Herz geschlossen,
schläft sie sich von Zelt zu Zelt und bekommt immer reichlich Thunfisch und
Streicheleinheiten.
Mittlerweile sind wir nun schon ganze 5 Wochen in
Shepparton. Letzte Woche konnten wir jedoch auf Grund des „Jahrhundertregens“
in Australien gar nicht arbeiten. Die Tage haben sich nur so dahingezogen, denn
alles war nass, matschig und kalt und unser Campingplatz ist nicht unbedingt
auf verregnete Tage ausgelegt. Unser Geschirr mussten wir immer wieder aus dem
Matsch fischen und auch sonst lebten wir wirklich in einem absoluten
Dreckshaufen und es war ein echter Glücksgriff, wenn man einen trockenen Stuhl
zum sitzen gefunden hat.
Auch die Stimmung war dementsprechend. Einziges
Highlight war, wenn man mal zusammengequetscht im trockenen Auto einen Film
gucken konnte. Absolut happy waren wir da, als uns Conni und Iris einen Abend
zu ihnen in die Cabin einluden.
Nach einer Woche Regen konnten wir nun diese Woche endlich
wieder anfangen zu arbeiten und arbeiten nun jeden Tag 9-10 Stunden. Wir halten
diese Zeit nur aus, da wir es doch tatsächlich schaffen die gesamte (!!!)
Arbeitszeit durchzuquatschen. Leider hat der Regen und Santos Versäumnis die
Trauben früher zu pflücken dazu geführt, dass nun der Großteil der Trauben
verschimmelt ist.
Man merkt jedoch, dass es so langsam für alle Zeit wird,
Shepparton zu verlassen. Viele sind auch schon abgereist und für uns fängt
nächste Woche Donnerstag endlich wieder die
Reisezeit an. Montag steht die große Abschiedsparty bevor, bei denen wir
uns von unseren mitleidenden Traubenpflückern Thomas und Roman (und
mittlerweile auch Gaeton) und unserem besonders lieb gewonnenen deutschen
Pärchen Conni und Iris verabschieden werden, die Dienstag zusammen weiterreisen
werden.
Unser nächstes Ziel wird Melbourne sein, gefolgt vom Great
Ocean Road, Adelaide, Kangooro Island, Alice Springs und dann hoch die Ostküste
bis nach Brisbane. Wir hoffen noch ein paar warme Tage zu haben, da hier nun
der Herbst anfängt (wir waren auch etwas über diese Info überrascht ;-)).
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